Ach, der unselige Ehrgeiz, er ist Gift für alle Freuden.” Alter Spruch, stammt von Kleist. Warum nur kommt er mir immer in den Sinn, wenn ich an Audi denke? Zu viele Ambitionen auf einmal? Dynamischer als BMW, hochwertiger als Mercedes und jetzt auch noch sportlicher als Porsche. Diese aufstrebende Marke will einfach alles können. Tut sie ja auch, nicht immer, aber immer öfter. Nehmen wir den R8: der schärfste Porsche-911-Rivale, der je auf deutschem Boden gedieh. Und jetzt der TTS, die gedopte Variante des TT, im Visier die Cayman/Boxster-Brüder. Ein Allrad-Golf in Lycra-Shorts soll Porsche die Hölle heiß machen? Etwa so glaubwürdig wie Kurt Beck im Fahrraddress am Start der Tour de France. Doch auch wenn der TTS auf dem Golf basiert, ist das ja keine Amateur-Bühne. Immerhin tritt hier auch der GTI auf. Hinzu kommen Zutaten wie reichlich Aluminium in der Karosserie (beim TTS um zehn Millimeter tiefergelegt), trickreiche Dämpfer mit variabler Kennung (Magnetic Ride) und ein Allradantrieb, der die Hinterräder bedarfsgerecht mit Kraft versorgt.
Der TTS Roadster passt seinem Piloten wie ein Turnschuh
Der TTS punktet mit inneren Werten. Tür auf, reinschlüpfen, wohlfühlen – da erinnert er an einen Sportschuh.Damit lässt sich arbeiten. Zumal vorn nicht der V6 des TT 3.2, sondern der leichtere Turbo-Vierzylinder hängt. Technisch gründlich durchmassiert, leistet er im TTS statt 200 nun 272 PS. Da kann er ruhig kommen, der Boxster S. Boxster, weil der TTS bei unser ersten Ausfahrt als Roadster antritt. Äußerlich bietet er nichts Neues, mal abgesehen vom Audi-typischen Sport-Outfit: der Grill glanzvergittert, spezielle 18-Zoll-Räder, tiefere Schweller, obligatorisches Rohrquartett hinten. Nett, aber kein Vergleich zur Naturschönheit des Boxster S, den nicht einmal das Metallic-Goldbraun des Testwagens entstellen kann. Der TTS punktet mit inneren Werten. Tür auf, reinschlüpfen, wohlfühlen – da erinnert er an einen Sportschuh, der Nike Air Zoom unter den Roadstern. Tolle Sportsitze, ein Cockpit, das verwöhnt und nicht verwirrt, Spitzenqualität, nur das unten abgeflachte Lenkrad ist ein Gag zu viel. Ein Kübel-Gefühl stellt sich ein, das kommt von der hohen Bordwand, aber dafür zieht es kaum. Auch ohne das elektrisch ausfahrbare Windschott.
Ab 3000 Touren scheint eine Seilwinde am Audi zu ziehen
Fahrmaschine TTS: Bei 3000 Touren holt der Turbo Luft, dann geht es dahin, als wäre eine Seilwinde im Spiel.Anlassen, der Turbo brummelt vielversprechend, Gang rein. Unser TTS wird konventionell geschaltet (DSG kostet 2150 Euro Aufpreis), kein Problem, wenn die Sache so reibungslos funktioniert wie hier. Wir wedeln stadtauswärts auf den Fersen des Porsche, aber statt den Rottweiler zu geben, benimmt sich der Audi ruhig und gesittet wie ein braver Labrador. Ich könnte ihn locker mit zwei Fingern führen. Fragt sich, wie lange noch, denn der Doppelrohrauspuff des Boxster bläst zur Attacke. Freie Bahn, zweiter Gang, Leine los, und Waldi verwandelt sich unversehens in einen Windhund. Mit Chilli im Hintern. Atemberaubend, wie lässig und unangestrengt sich der TTS im Kielwasser des Porsche tummelt. Kaum zu glauben, dass hier nur zwei Liter Hubraum am Werk sind. Bei 3000 Touren holt der Turbo Luft, dann geht es dahin, als wäre eine Seilwinde im Spiel. Szenenwechsel. Weg von den Hauptverkehrsadern, hinein in die kurvenreichere Topographie. Klassisches Porsche-Revier. Hat der TTS wirklich das Zeug, es dem Boxster zu zeigen?
ANZEIGEGar nicht so lange her, da erinnerten die Sportmodelle von Audi beim Lenken eher an alte Matratzen als an einen Porsche. Anbremsen, einlenken – der TTS zeigt schon eingangs der ersten Straßenkrümmung, dass sich viel getan hat. Er sticht mit Gusto rein, hat vorn mehr Grip als der normale TT, erreicht bei minimaler Lenkarbeit maximale Querbeschleunigungen. Untersteuern war gestern. Wer früh Gas gibt sowie Sport- und ESP-Schalter drückt (straffere Dämpfung und Lenkung, späterer Regeleingriff), kann sogar ein wenig mit dem Heck wackeln. Nett – und genau das, was dem Sportfahrer schon immer vorschwebte. Dazu die Traktion des Allradantriebs: perfekt. Fast, denn noch etwas mehr Feedback in der Lenkung wäre kein Fehler. Aber reicht das? Umsteigen in den Porsche. Schon beim Platznehmen keimen Zweifel auf. Man sitzt tiefer, sportlicher. Sicher, die Einrichtung wirkt im Vergleich zum Audi leicht verstaubt, und für die vielen Minischalter braucht es spitze Finger. Doch im Boxster herrscht echte Sportwagenatmosphäre.
Der Porsche Boxster S macht subjektiv mehr Spaß
Der feinnervige Porsche Boxster S verwöhnt seinen Fahrer mit dem typischen Zuffenhauser Fahrspaß. Der Sechszylinder im Rücken – 3,4 Liter, 295 PS – klingt schon im Leerlauf unverkennbar porschig, Kupplung und Schaltung gehen stramm. Dieser hier hat das “Sport Chrono Paket” mit Sport-Taste für Fahrwerk und verschärftes Ansprechen. Kenner wählen Sport und stellen die Dämpfer dann wieder auf Komfort (separater Schalter). Das verspricht optimalen Biss beim Gasgeben – ohne Zähneklappern. Und es stimmt: Der Porsche reagiert wie der Fuchs aufs Geflügel. Gib ihm 4000 Umdrehungen, und er startet durch, gib ihm 5000, und er macht den röhrenden Hirsch – ein Spektakel, das selbst so einen Muster-Turbo wie den des TTS reichlich brav aussehen lässt. Derweil flüstert er über die Lenkung unablässig Botschaften in die Handflächen, füttert den Hintern mit den aktuellsten Infos vom Fahrwerk und driftet so bereitwillig durch die Kurven, dass es dem Fahrer unwillkürlich ein Permanentgrinsen ins Gesicht zaubert. So müssen Sportwagen sein, da macht es auch nichts, dass dieser TTS dauerhaft den Rückspiegel füllt. Davonfahren geht mit dem Boxster höchstens auf freier Autobahn, das dankt er dem 250-km/h-Limit des Audi. Aber mehr Spaß haben, das geht im Porsche immer.
Das Fazit von AUTO BILD-Redakteur Wolfgang König
Wenn es um die subtileren Genüsse des Fahrens geht, führt in dieser Klasse kein Weg am Boxster S vorbei. Das kann auch der neue Audi TTS nicht verhindern. Dieser gefühlte Vorsprung des Porsche ändert allerdings nichts daran, dass der Audi-Roadster, sachlich gesehen, fast alles richtig macht: Er liegt hervorragend, geht blendend, verbraucht weniger und ist obendrein auch noch deutlich erschwinglicher als der Boxster. Das macht ihn im Vergleichstest zum geborenen Punktesammler.
http://www.autobild.de/artikel/vergleich-audi-tts-roadster_porsche-boxster-s_697507.html
One Response to “Audi TTS vs Porsche Boxster bei Autobild.de”
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Liebe grüße aus Bayern. schicker und vorallem Informativer Blog. Weiter so!